Matze Steinbeißer

Gehversuche eines Fantasy-Autors

Entwurf: Schwalven


Die Betriebsamkeit nahm zu und wir mussten feststellen, dass es keinen Markt im eigentlichen Sinne gab. Vor manchen der Hütten standen jedoch Tische, auf denen die Bewohner nach und nach einige Handelswaren auslegten, Nadeln und Schiffchen aus Knochen zur Reparatur von Netzen sowie Garne und Schwimmer. Zunächst fanden wir wenig, dass uns nützlich gewesen wäre, aber als der Tag voranschritt und das Dorf vollends erwacht war, stolperten wir über eine kleine Handelsniederlassung mit Alltagsgegenständen für das Leben an der Küste. Hier konnten wir mit dem Restgeld aus meinem Kredit wollene Mäntel erstehen und gefütterte Oberbekleidung. Die Schwesterntracht von Delissa war zwar praktisch, aber zu auffällig, und daher tauschte sie diese gegen Alltagskleidung und sah nun aus, wie ein Mädchen vom Lande. Als wir uns neu gekleidet und verproviantiert hatten, war von meinem Geld kaum noch etwas übrig. Ich zählte die Münzen und kam zu dem Schluss, dass wir davon noch ein oder zweimal Proviant kaufen konnten, danach wäre unser Geld aufgebraucht.
Als Delissa den kleinen Verkaufsraum verlassen wollte fiel mir etwas auf der Straße auf und ich hielt sie am Arm zurück.
„Was ist?“, fragte sie verwirrt, aber ich schüttelte nur den Kopf. Mein Herz schlug mir bis zum Hals als die beiden Handlanger von Arek Einauge mit grimmigen Mienen an dem Geschäft vorbei gingen.
Ich konnte die Blicke des Verkäufers förmlich in meinem Rücken spüren. Möglichst entspannt sagte ich: „Ich dachte ich bräuchte noch etwas, aber ich hab es wieder vergessen. Es wird mir wieder einfallen.“ und ich zog sie aus dem Laden und in die entgegengesetzt Richtung zu den beiden Schlägern.
„Was ist los mit dir?“ Delissa spürte, dass etwas nicht stimmt und sah sich hektisch um.
„Nicht so auffällig!“, brummte ich und hielt meinen eigenen Kopf weit genug gesenkt, dass mein Gesicht ein wenig verborgen war aber ohne heimlich zu wirken. Trotzdem drehten sich ein paar der Dörfler nach uns um, als wir vorbei gingen. Vielleicht, so redete ich es mir ein, lag das aber nur daran, dass wir hier fremd waren.
Wir verließen den Ort und ich nutzte den ersten Trampelpfad der vom Hauptweg abging um von der Straße fort zu kommen, Delissa immer noch am Arm haltend. Sie ließ sich mitziehen, doch ich spürte den aufkommenden Widerstand und sobald wir außer Sicht, hinter einem dichten, dornigen Gebüsch, angelangt waren ließ ich sie los.
Sie rieb sich den Arm und war sichtlich aufgebracht.
„Maelgwn, was sollte das?“, fragte sie halblaut aber energisch.
„Ich habe jemanden erkannt.“, sagte ich. Noch immer ging mein Atem schnell und ich spähte vorsichtig um das Gebüsch herum in Richtung Straße.
„Jemanden aus dem Kloster?“ Delissa sah ängstlich aus, „Einen Inquisitor?“
„Nein, niemanden vom Kloster. Die Männer von diesem Geldverleiher, diesem Arek. Sie liefen gerade die Straße entlang als wir aus dem Laden gehen wollten.“
Ich hatte Delissa an einem der Abende von meinen Schulden erzählt und so wusste sie Bescheid.
„Ich hab dir gesagt, dass ich mich nicht in deine Probleme hineinziehen lassen will!“ Sie klang aufgebracht und verängstigt.
„Alleine haben wir weniger Chancen hier weg zu kommen. Dich sucht zwar nur die Inquisition, aber auch deren Arm ist lang.“, versuchte ich sie zu beschwichtigen, „Wir können Wache halten wenn der andere schläft. Du weißt selbst, dass wir zusammen bessere Chancen haben durchzukommen.“
„Sag mir nicht was ‚ich selbst weiß‘!“, fauchte sie und ich sah kurz zu ihr. Wie sie da saß, in ihren neuen, robusten Sachen.


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